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Buchrezension

Napoleon – Revolutionär auf dem Kaiserthron

„Was für ein Roman war mein Leben“, sagte einmal Napoleon über sich. Liest man „Napoleon – Revolutionär auf dem Kaiserthron“ von Günter Müchler, eine glänzend, detailliert geschriebene Biografie Napoleons, könnte man den Eindruck gewinnen, eine beispiellos faszinierende und erfundene Geschichte in den Händen zu halten. Doch sie hat sich in Realität abgespielt. In jedem Leben eines Menschen ertönen aus dem Nichts überraschende Paukenschläge, die den Lebenslauf in eine bestimmte Richtung kanalisieren. Im Leben Napoleons spielt kein anderes Instrument als die Pauke. Eine Buchrezension.
Diese Buchrezension verfasste Muamer Bećirović, sie erschien am 15. August 2019.

Podcast

Kopf um Krone – zum Zuhören.
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Napoleon - Revolutionär auf dem Kaiserthron
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Günter Müchler, sein Biograph, erzählte mir in unserem Podcast, dass über Napoleon ähnlich viel geschrieben wurde wie über Jesus. Akribisch und dramatisch beschreibt er in seiner Biographie, wie es ein Mann, der aus einer bescheidenen korsischen Familie kam, eine militärische Ausbildung abschloss, in den Militärdienst eintrat, sich in den Augen der Revolutionäre durch seine militärische Gabe unersetzlich machte und sich auf dem langen Weg zum Kaiser der Franzosen krönte. Man muss sich erstmal vorstellen, was für ein großer Umbruch es war, Herrscher zu werden, ohne nennenswerte Abstammung oder königlichen Blutes. Zum ersten Mal in der Geschichte hatte sich ein Mann aus einer nicht nennenswerten Familie die Herrschaft ausschließlich mit Kompetenz und Fortuna erkämpft. Die Revolution diente dabei als Geburtshelfer. Nachdem die Revolutionäre die anarchischen Züge in Frankreich nicht unter Kontrolle bekamen, schlug Napoleons Stunde, indem er Recht und Ordnung einkehren lies und zugleich das Land mit einem kodifizierten Zivilrecht, dem französischen „Code Civil“, modernisierte.

Wie eroberte Napoleon innerhalb von 15 Jahren halb Europa, bis er vor den Toren Russlands stand? Viel ist seinem militärischen Genie zuzuschreiben. Von 60 Schlachten, die er ausfocht, hat er 53 gewonnen. Das spricht eine klare Sprache. Allerdings haben sich die Habsburger, Preußen, Russen und Engländer dilettantisch beim Versuch angestellt, diesem Napoleon die Stirn zu bieten. Sieben Koalitionen hat Resteuropa gegen diesen General und Kaiser geschmiedet, lediglich die letzten zwei waren erfolgreich. Dabei schonte sich der Kaiser der Franzosen nicht. Er nahm seine Mittagsmahlzeiten in der Nähe von Kampfschauplätzen zu sich, während an ihm die Kugel vorbeizischten. Er machte ein Nickerchen, nachdem er der Meinung war, dass der Wendepunkt einer Schlacht erreicht sei. Nicht nur das: Er übermalte mehrmals die europäische Landkarte, modernisierte eroberte Gebiete mit seinem Code Civil und zertrümmerte Fürsten- und Königtümer unter seinen Füßen. Der beste Beweis für die Ironie der Geschichte ist Napoleon. Ein französischer Parvenü, ein Emporkömmling, hat die überheblichen Fürsten und Könige, die sich von Geburt aus für etwas Besseres als Normalsterbliche hielten, ausschließlich mit Kompetenz eines Besseren belehrt und bei Weitem jeden von ihnen übertroffen.

Man wird Napoleon aufgrund seiner Vielschichtigkeit und bewusster Schauspielerei nie gänzlich durchschauen können. Man wird ihm allerdings mit der Biographie Müchlers etwas näherkommen können. Sie ist spannend geschrieben, enthält die wichtigsten Stellen, Abläufe und lässt wichtige Details nicht missen. Sie ist für ein breiteres Publikum gedacht und jeder nicht historisch interessierte Leser wird das Buch nachvollziehen können. Es ist, wie ich meine, das beste Einstiegswerk, um sich mit Napoleon zu beschäftigen. In unserem Podcast sind wir mehr auf die politische Analyse eingegangen – die ich hier bewusst ausgelassen habe. Also hören Sie rein!