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Buchrezension

Flughöhe der Adler – Globalisierungen im Überblick

Wie wurde die globale Welt, was sie heute ist? Gewalt, Konflikte und das Wachsen von Imperien spielten eine erhebliche Rolle.
Diese Buchrezension verfasste Muamer Bećirović, sie erschien am 27. Mai 2019.

Jürgen Osterhammel, Verfasser des Meisterwerks ,,Verwandlung der Welt – Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts“ versucht mit diesem Essayband eine Strukturierung des globalen Werdens.

Pathos existiert in Osterhammels Wörterbuch nicht. Er bevorzugt die nüchterne, empirische, ja auch anekdotische Auseinandersetzung mit den Globalisierungen. Richtig gelesen – Globalisierungen. Es gab nicht nur eine. Auch wenn wir dazu neigen, die Welt so zu sehen, wie wir sie in Zeit und Raum erlebten, heißt dies nicht, dass währenddessen die Zeit in anderen Räumen stillstand.

Beschäftigt man sich mit der Welt, so muss man immer eine Frage vorausschicken: Was passierte zur gleichen Zeit in Peking, während des 30 Jährigen Krieges in Europa? Damit die Welt voneinander erfuhr, mussten diese Welten zumindest kollidieren. Es ist faszinierend, welche Gedankengänge Osterhammel webt, um der Struktur der Globalisierung auf den Grund zu gehen. Und gerade dort, wo man glaubt, eine endgültige Antwort auf diese Fragen gefunden zu haben, lässt er das Argument, das den Anspruch auf Allgemeingültigkeit stellen könnte, in der Feder zerfließen, da er sie empirisch nicht belegen kann.

Einen Satz finde ich dabei besonders interessant: „Nicht alle Globalgeschichte ist zugleich Geschichte von Globalisierung, während umgekehrt Globalisierungsgeschichte stets ein Teil von Globalgeschichte ausmacht.“ Wer mehr über das globale Werden erfahren will, die philosophisch aber auch empirischen Hintergründe des weltlichen Zusammenwachsens, sollte diese Lektüre zur Hand nehmen. Der historische Horizont kann dadurch nur wachsen.

Man muss ein Liebhaber ausgefeilschter und hochgestochener Sprache sein, um Osterhammels Schreibstil zu mögen. Mir gefällt er. Manchmal ist es etwas langatmig und lässt an Drama vermissen, allerdings driftet er so gut wie nie ins vage ab. Immer schön bei den Quellen bleiben, ist seine Devise. Eine Frage drängt sich neben den vielen entstandenen Fragen dann doch besonders auf: Was ist die Macht, die Staaten bewegt?